Archiv  |  Editorial

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

die seit mehr als zehn Jahren währende Diskussion um den Linienbusverkehr in der oberen Hindenburgstraße in Mönchengladbach hat Mitte Juli eine neue Dimension erreicht: Seither fahren die Busse nur noch vom Hauptbahnhof zum Alten Markt durch den Straßenzug, die Fahrten der Gegenrichtung wurden auf eine alternative Route über die Viersener und Steinmetzstraße verlegt.

Diese Entscheidung kam durchaus überraschend. Im letzten Jahr hatte ein Gutachter der Stadt Mönchen- gladbach empfohlen, den Busverkehr in der Haupteinkaufsstraße zu belassen. Die Untersuchung stand im Zusammenhang mit den Arbeiten am neuen Nahverkehrsplan und einem neuen Liniennetz für den Mönchengladbacher Busverkehr, die bis Ende dieses Jahres zum Abschluss gebracht werden sollen. Da lag es nahe, die grundlegende Frage nach der Führung durch die Hindenburgstraße in diesem Rahmen behan- deln zu lassen – aus Sicht der Gutachter mit eindeutigem Ergebnis: Jede Verlagerung würde die Attraktivität des Busverkehrs spürbar beeinträchtigen.

Umso erstaunlicher mutet der Vorstoß von SPD und CDU im Mönchengladbacher Stadtrat an, auf den hin im April ein einjähriger Probebetrieb einer Verlagerung der talfahrenden Busse beschlossen wurde. Gleichwohl: Beim Grundsatzbeschluss für den Verbleib der Busse in der Hindenburgstraße, der der damaligen Gutachterempfehlung folgte, war diese Hintertür bereits offengelassen worden. Welche Auswirkungen die Verlagerung eines Teils des Busverkehrs hat, soll nun von einem weiteren Gutachter ermittelt werden.

Bereits zu Beginn der Diskussionen hatte niederrheinbus.de Anfang 2006 in einem Blickpunkt die Thematik ausführlich dargestellt. Die damals angeführten Argumente sind auch nach zehn Jahren unverändert gültig. So bleibt zu befürchten, dass die Attraktivität des Busverkehrs weiter leidet. Neben Verzögerungen durch den bisweilen stockenden Verkehrsfluss auf der Steinmetzstraße gibt es dafür offensichtliche Beispiele wie die nun erheblichen Fußwege beim „Über-Eck-Umstieg“ am Alten Markt oder zum Abschnitt zwischen dem Einkaufszentrum Minto und der Bismarckstraße, da hier in Richtung Hauptbahnhof gar keine alternative Haltestelle eingerichtet werden konnte.

Bei den Beratungen zum Nahverkehrsplan zeichnet sich indes ab, dass die Stadt bereit ist, für den Betrieb eines neuen Liniennetzes und Fahrplankonzepts zusätzliche Mittel bereitzustellen. Es wäre töricht, diese Maßnahmen zur Verbesserung von Attraktivität und Effizienz des Busverkehrs durch eine rein politisch motivierte Verschlechterung im zentralen Bereich des Netzes zu konterkarieren. Das neue Liniennetz ist insofern unbedingt im Zusammenhang mit der Frage nach der Führung über die obere Hindenburgstraße zu betrachten.

Die NEW selbst hat den einjährigen Probebetrieb zwar betrieblich umgesetzt, tut sich mit seiner Kommunikation aber offenbar selbst ein wenig schwer: Auch zehn Wochen nach dem Fahrplanwechsel zeigt die Rubrik „Fahrplanneuerungen“ auf der Internetseite des Unter- nehmens noch die Änderungen vom letztjährigen Fahrplanwechsel an. Lediglich eine Pressemitteilung von Anfang Juli weist auf die Änderungen hin. Die ist inzwischen allerdings genauso versteckt wie die talwärts fahrenden Busse zwischen dem Alten Markt und dem Hauptbahnhof.

Reinbek, im August 2016

Manuel Bosch