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Liebe Leserinnen und Leser,

mit der Vollendung des innerstädtischen Erschließungsrings, der Neugestaltung des Gereonsplatzes und dem Umbau des Bahnhofs- platzes hat sich das Erscheinungsbild der Stadt Viersen im vergangenen Jahr nachhaltig verändert. Nicht nur verkehrlich, sondern auch im Hinblick auf die Stadtgestaltung konnte ein erkennbarer Fortschritt erzielt werden. Die nun in einem weiteren Schritt vorgesehene Neugestaltung der Bahnhofstraße zwischen dem Bahnhofsplatz und der Freiheitsstraße setzt diese Entwicklung konsequenterweise fort.

Der Busverkehr in Viersen ist von den Maßnahmen naheliegenderweise teils mittelbar, teils unmittelbar betroffen. Positiv hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang in erster Linie die Neuordnung des Bahnhofs- platzes. Die Haltestellen liegen nun näher am Bahnhofsgebäude, so dass sich die Umsteigewege verkürzen. Der gesamte Platz ist nicht nur barrierefrei angelegt, sondern hat auch eine höhere Aufenthaltsqualität für wartende Busfahrgäste als die in die Jahre gekommenen Anlagen zuvor.

Nachdem in den letzten Jahren schon der Busbahnhof in der Viersener Innenstadt modernisiert und im Stadtteil Dülken eine völlig neue zentrale Haltestelle für den Busverkehr angelegt worden war, ist die Infrastruktur für den Busverkehr nunmehr als durchaus zeitgemäß zu bezeichnen. Umso mehr fällt auf, dass sich das Linien- und Fahrplanangebot trotz neuer Voraussetzungen nicht weiterentwickelt. Die Führung der Buslinien über die Gladbacher Straße und den Josefsring statt über den Gereonsplatz und die Gereonstraße im Gefolge der Sperrung des Gereonsplatzes ist freilich noch naheliegend. Dass die Linien 082, 083 und 084 aber vom Bahnhof aus weiter ihre seitherige Linienführung über die Lessingstraße, Eichenstraße und Freiheitsstraße zum Josefsring nehmen müssen, statt direkt über die Brüsseler Allee zu fahren, ist durchaus zu hinterfragen. Zwar kann so die Haltestelle Lessingstraße weiter bedient werden, mit nur 300 Metern Entfernung zum Bahnhofsplatz ist deren zusätzliche Erschließungswirkung allerdings marginal. Alternativ wäre eine Führung der Linie 082 von der Haltestelle Hosterfeldstraße weiter über die Eichenstraße und die Lessingstraße statt über die Gerhart-Hauptmann-Straße zum Bahnhof mit Bedienung der Haltestelle Lessingstraße in umgekehrter Richtung denkbar.

Angesichts der neuen Bushaltestellen am Viersener Bahnhof offenbart sich darüber hinaus das seit vielen Jahren bestehende Dilemma im Spätverkehr noch einmal in ganzer Deutlichkeit. Seit der Einführung des ersten Integralen Taktfahrplans im nordrhein-westfälischen Regionalzugverkehr ist der Bahnhof Viersen ein Taktknoten, an dem sich stets zur halben Stunde die Züge aus und in vier Richtungen treffen. Ebenso lange fahren die Viersener Busse indes völlig unabgestimmt mit den Zugfahrzeiten. Hinzu kommt, dass auch Binnenverbindungen innerhalb Viersens abends und am Wochenende durch das ausgedünnte Fahrplan- angebot je nach Relation äußerst umständlich sind und teils ganze Stadtteile nicht mehr erschlossen werden.

Dieser Befund legt ein eigenes Liniennetz für die Spät- bzw. Schwachverkehrszeiten nahe, dessen Mittelpunkt der Viersener Bahnhof sein könnte. Anders als im Tagesverkehr ist die Innenstadtlage des Busbahnhofes zu diesen Zeiten nicht entscheidend - vielmehr sollten kurze Umstiege von und zu den Zügen sowie zwischen den verbliebenen Bussen gewährleistet werden. Mit wesentlich geringerem Produktionsaufwand ließe sich ein für den Kunden letztlich wesentlich attraktiveres Angebot schaffen. Dass abweichende Linien- und Fahrplanangebote in Schwachverkehrszeiten sinnvoll und erfolgreich sein können, haben zahlreiche andere Städte in den vergangenen Jahren bereits bewiesen.

Bei allem Bemühen um attraktive Haltestellen und Umsteigepunkte bleibt festzuhalten, dass die Verkehrsmittelwahlentscheidung der potenziellen Kunden in erster Linie anhand des Fahrtenangebots getroffen wird. Der Handlungsbedarf im Viersener Stadtbusverkehr ist seit Jahren offensichtlich. Kleinere Anpassungen der Linienverläufe an neue Siedlungsgebiete oder Straßenführungen sowie die Schaffung eines wesentlich effizienteren und zugleich attraktiveren Angebots in der Schwachverkehrszeit könnten ein erster Schritt sein. Dann würden sich die Investitionen in Haltestellenanlagen doppelt bezahlt machen.

Leinfelden-Echterdingen, im Januar 2016

Manuel Bosch