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Liebe Leserinnen und Leser, Mitte Juni veröffentlichte die Stadtverwaltung eine Pressemitteilung mit der Überschrift "Mönchengladbacher bevorzugen das Auto". Darin wurden die Ergebnisse einer Haushaltsbefragung mitgeteilt: 61,5 Prozent aller Wege in Mönchengladbach werden mit dem Auto zurückgelegt, während der Nahverkehr nur auf einen Anteil von 17,2 Prozent kommt. Zwar konnte der ÖPNV seinen Anteil seit 1996 um drei Prozentpunkte steigern, aber der Autoverkehr nahm im selben Zeitraum um fast fünf Prozentpunkte zu - dementsprechend waren die Anteile sowohl des Rad- als auch des Fußverkehrs deutlich rückläufig. Steigerung beim Auto, Rückgang bei Rad- und Fußverkehr: Diese Entwicklung ist gegenläufig zum bundes- weiten Trend, und damit schneidet Mönchengladbach auch im Städtevergleich schlecht ab. In keiner ver- gleichbaren Stadt ist der Anteil des Autoverkehrs so hoch - Oberhausen liegt mit 56 Prozent schon deutlich vor Mönchengladbach, Krefeld und Aachen kommen auf 51 Prozent. Allerdings liegt der Anteil des ÖPNV in diesen drei Städten auf gleichem Niveau wie in Mönchengladbach, während Rad- und Fußverkehr dort höhere Anteile erreichen.
Ein schlechtes Klima für den Rad- und Fußverkehr ist auch schlecht für den Nah- verkehr. Wie die aktuellen Auswertungen zeigen, stehen geringe Anteile im Rad- und Fußverkehr mit hohen Anteilen des Autos in direktem Zusammenhang. Wenn man sich auf dem Fahrrad oder zu Fuß unwohl fühlt, sitzt man schnell im eigenen Auto. Und alleine der Weg zur und von der Haltestelle zur Nutzung des Nahverkehrs bedingt einen gewissen Fußweg - sind Fußwege unattraktiv, leidet auch der Nahverkehr darunter. Der Anstieg des Nahverkehrsanteils um drei Prozentpunkte seit 1996 erscheint unter diesen Umständen, aber auch angesichts des kaum verbesserten Angebots im Busverkehr schon fast als Erfolg - wobei ein Teil des Anstiegs auf den Schülerverkehr und die Effekte des SchokoTickets zurückzuführen sein dürfte und weniger auf den Berufsverkehr. Nahezu zeitgleich zur Mönchengladbacher Pressemitteilung veröffentlichte das Magazin "WirtschaftsWoche" eine Studie zur Nachhaltigkeit der 50 größten deutschen Städte. Im Gesamtranking erreicht Mönchenglad- bach Platz 45 - dass die oben genannten Vergleichsstädte Krefeld und Oberhausen mit den Plätzen 47 und 49 genauso schlecht abschneiden, erscheint da nicht einmal als schwacher Trost. Das Gesamtranking der Studie setzte sich aus sechs Teilrankings zusammen, von denen das Ergebnis im Teilranking Energie & Verkehr noch miserabler ist: Mönchengladbach bildet hier das Schlusslicht aller 50 betrachteten Städte. Im Bereich Energie & Verkehr wurden unter anderem Kennzahlen zum Verkehr in der Stadt und die Anbindung an den Fernverkehr, aber auch Energieerzeugung und Verbrauch sowie Fördermittel für die Gebäudesanierung betrachtet. In den übrigen fünf Teilrankings landet Mönchengladbach immerhin nur noch einmal unter den letzten 15 Städten und liegt ansonsten im Mittelfeld. Diese aktuellen Ergebnisse zeigen einmal mehr den dringenden Handlungsbedarf für die Mönchengladbacher Verkehrspolitik auf. Insofern darf der in Erarbeitung befindliche neue Nahverkehrsplan mit Spannung erwartet werden. Dieses Instrument muss die Grundlage für eine Attraktivitätssteigerung des Nahverkehrs in Mönchengladbach legen. Das bloße Erarbeiten von Dokumenten wie Verkehrsentwicklungs- plan und Nahverkehrsplan reicht allerdings nicht aus: Anschließend ist eine Umsetzung der aufgestellten Maßnahmen umso wichtiger, wenn die Dominanz des Autoverkehrs in der Stadt aufgebrochen werden soll. Das erfordert nicht nur Investitionen abseits des Straßen- baus, sondern vor allem einen entsprechenden politischen Willen. Leinfelden-Echterdingen, im August 2012 Manuel Bosch |