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Werte Leserinnen und Leser,

in Mönchengladbach wird demnächst ein neuer Nahverkehrsplan erarbeitet. Der Nahverkehrsplan gilt als politisches Rahmenwerk für die Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs und ist von den Kommunen bzw. Kreisen aufzustellen. In Mönchengladbach wurde im Jahr 1997 ein Nahverkehrsplan aufgestellt - zum ersten und bislang auch einzigen Mal. "Der Nahverkehrsplan ist bei Bedarf fortzuschrei- ben", heißt es im entsprechenden Landesgesetz.

Nach mehr als 13 Jahren darf man den Bedarf durchaus als gegeben annehmen, denn die Rahmenbedingungen und die Verkehrssitua- tion haben sich seither auch in Mönchengladbach weiterentwickelt. Wichtige Maßnahmen im öffentlichen Nahverkehr sind während der Gültigkeit des ersten Nahverkehrsplans allerdings ausgeblieben. Einzig die Einführung der Schnellbuslinien SB1, SB4 und SB81 und des NachtExpress-Netzes sind als wesentliche Angebotsverbesserungen zu nennen, weitere Änderungen im Angebot waren sehr punktuell. Im baulichen Bereich konnte mit dem neuen Zentralen Omnibus-Bahnhof am Mönchengladbacher Hauptbahnhof ein Großprojekt reali- siert werden, bei der Technik kommt die Einführung eines neuen Betriebsleitsystems mit Vorrangschaltungen an den Ampeln hinzu.

Weitere geplante Vorhaben wie die Aufwertung des Schienenverkehrs für den innerstädtischen Nahverkehr - durch den Bau neuer Halte- punkte beispielsweise an der Fachhochschule und die Verlängerung der S-Bahn-Linie S8 - oder der Ausbau des begonnenen Schnell- busnetzes konnten indes nicht umgesetzt werden. Bezogen auf das Verkehrsangebot fällt das Fazit für den bisherigen Nahverkehrsplan damit mager aus - und dementsprechend groß könnte der "Übertrag" in den neuen, nun zu erarbeitenden zweiten Nahverkehrsplan ausfallen. In den zurückliegenden 13 Jahren ist aber noch offensichtlicher geworden, was prinzipiell auch 1997 schon galt: Das historisch gewachsene Mönchengladbacher Busliniennetz kann kaum mehr mit punktuellen Verbesserungen auf die heutigen Anforderungen aus- gerichtet werden. Eine völlige Neuplanung des Netzes, basierend auf den aktuellen Verkehrsströmen ist die einzig sinnvolle Option für einen zukunftsfähigen öffentlichen Nahverkehr.

Für eine solche Neuplanung muss der Nahverkehrsplan die Rahmenbedingungen schaffen. Wichtige Basisdaten dazu sind Informationen über das heutige Verkehrsverhalten und die Verkehrsströme in Mönchengladbach. Eine entsprechende Befragung zufällig ausgewählter Einwohner hat bereits stattgefunden. Daraus können die Anforderungen an das Mönchengladbacher Nahverkehrsnetz abgeleitet und we- sentliche Angebotsstandards formuliert werden. Verwaltung und Politik müssen sich bei der Aufstellung des neuen Nahverkehrsplans an diesem Anspruch messen lassen. Eine komplette Neuplanung erfordert gewiss einige Investitionen in Planung und Umsetzung, bietet aber die Chance, die Wirtschaftlichkeit des Angebots danach dauerhaft zu verbessern. Das große Netzumstellungen im Busverkehr mit Erfolg möglich sind, haben Städte wie München, Dresden oder Leipzig in letzter Zeit bereits bewiesen.

Die für Mönchengladbach getroffenen Aussagen gelten für Viersen gleichermaßen: auch hier ist das Busliniennetz kaum noch an den heutigen Anforderungen ausgerichtet. Anfang Dezember wird der Verkehrsentwicklungsplan Viersen 2025 vorgestellt, der alle Verkehrs- träger einbezieht - man darf auf die Aussagen zum öffentlichen Verkehr gespannt sein. Dass eine Neuausrichtung des Busverkehrs zeitnah erforderlich ist, ist allerdings auch hier bereits seit Jahren offensichtlich. Das nun zu Ende gehende Jahr kann in dieser Hinsicht als ein weiteres, verlorenes Jahr für den öffentlichen Nahverkehr betrachtet werden, in dem lediglich der Status quo verwaltet wurde.

Es bleibt einmal mehr nur die Hoffnung auf neue Impulse und mutige Schritte im kommenden Jahr. Zunächst wünschen wir aber allen Leserinnen und Lesern eine stressfreie Adventszeit, besinnliche Weihnachtstage und einen guten Start in 2011!

Leinfelden-Echterdingen, im November 2010

Manuel Bosch